Während sich die meisten Fahrzeuge nach rechts zum Stubnerkogel orientieren, schleichen wir sprichwörtlich die engen Gassen zur Graukogelbahn auf der linken Seite des Tales entlang. Nach ein paar Hundert Metern mit bestem Blick auf die Bad Gasteiner Ortskulisse – früher mondän, heute shabby-chic mit Tendenz zum Revival – erreichen wir den Parkplatz der Graukogelbahn. Vergleichsweise wenig ist los. Kein Wunder, denn es trauen sich nicht alle hier her: Die bestens präparierten Pisten sind anspruchsvoll, die Lifte einfach. Aber ein Tag hier lohnt sich – vor allem für diejenigen, die nicht nur ein Sporterlebnis wollen, sondern auch auf die besondere Stimmung und die Energie hier ansprechen.
Rund um den Graukogel entspringen die Thermalwasserquellen, die den Ort Bad Gastein einst zu seiner Beliebtheit verhalfen. Und – wenn man sich darauf einlässt – merkt man bereits auf der Fahrt mit den ersten beiden Sesselliften eine besondere Ruhe, die in der Luft liegt. So als würde das Wasser den Ort hier speziell beruhigen und reinigen. Schließt man die Augen, fällt einem außerdem der einzigartige Geruch auf. Weiter unten noch eher der „normale“ Waldgeruch, je weiter man sich der Bergstation der Graukogel II nähert aber noch ein anderer herberer Geruch: der von uralten Zirben, einer Kiefernart.
Den Bäumen und ihren Ölen sagt man nach, dass sie sich beruhigend auf Herz-Kreislauf auswirken. Das können wir nur bestätigen: Auch wenn die Abfahrten über fast 1.000 Höhenmeter und 14 Pistenkilometer den Puls höher schlagen lassen – eine kurze Rast im Zirbenwald, der übrigens eine sehr beliebte Aufstiegsroute bei Tourengehern ist, beruhigt schnell wieder. Was uns auch auffällt: Vereinzelt hören wir die Schreie von Vögeln, die sich wie Raben anhören – das ist allerdings der Zirbenhäher, wie wir später nachlesen. Diese Rabenart ist dafür mitverantwortlich, dass sich die Zirben mit ihren schweren Kernen fortpflanzen können.
Aber nicht nur das Spüren, Hören und Riechen sind hier speziell: Auch der Ausblick lässt einen staunen. Die Aussicht ins Gasteinertal bis nach Bad Hofgastein ist sensationell und fährt man ein paar Meter weiter kann man sich mit dem Blick auf den Stubnerkogel erfreuen. So, und damit wirklich alle Sinne angesprochen werden, machen wir noch je einen Zwischenstopp auf der Graukogelhütte und der Graukogelalm: Beide Hütten sind auch geöffnet wenn kein Skibetrieb ist, dann halt für die Fackelwanderer, Schneeschuh- und Tourengeher. Sehr liebevoll und mit viel Hingabe geführt bieten die urigen Hütten heimische Schmankerl (natürlich auch vegetarische) und Spezialmenüs an Tourenabenden.
Mit geschärften Sinnen und ganz entspannt beenden wir unseren Skitag am Graukogel. Das nächste Mal kommen wir mit Tourenskien, das übernächste Mal mit Wanderschuhen. Der Berg ist wirklich zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.
PS: Noch ein Tipp zum Schluss: Der Graukogel ist einer der wenigen Berge mit Naturschnee, es kommen keine Beschneiungsanlagen zum Einsatz: Grund dafür ist das Angrenzen an den Nationalpark Hohe Tauern. Deshalb ist es ratsam, sich vorab zu erkundigen, ob die Pisten und Anlagen offen sind (bei genügend Schnee von Donnerstag bis Sonntag) und der Lift einen nach oben bringt. Alternativ kann man natürlich jederzeit die Tourenski anschnallen und selbst aufsteigen, was vor allem viele Einheimische auf den kostenlosen Skitourenrouten machen. Fun Fact: Falls unten zu wenig Schnee liegt, schmeißen sich manche auch aufs Fahrrad, fahren so weit es geht hoch und schnallen dann ihre Ski an, um die letzten Höhenmeter noch zu Fuß zurück zu legen.
VIF (Very Interesting Facts) über den Graukogel:
➤ 1958 fand dort die Ski WM statt: die Österreicher gewannen 4 Gold, 4 Silber und eine Bronze-Medaille
➤ 17 Thermalquellen entspringen rund um den Graukogel
➤ 5 Millionen Liter Thermalwasser fördern sie täglich, bis zu 48 Grad ist es heiß
➤ Die Zirben auf dem Graukogel sind bis zu 400 Jahre alt.
➤ Aus den Zirbenzapfen lässt sich besonders schmackhafter Schnaps herstellen. 😉